Beschluss: Kenntnis genommen

Die Verwaltung informiert über die neuen, am 15. Juli 2013 in Kraft getretenen Verwaltungsvorschriften zu §48 Abs. 2 Ordnungsbehördengesetz NRW (OBG NRW).

Ausgangslage

§ 48 Abs. 2 OBG berechtigt die örtlichen Ordnungsbehörden zur Überwachung der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten an Gefahrenstellen.

Nach den bisherigen Verwaltungsvorschriften wurden als Gefahrenstellen Unfallhäufungsstellen und sog. schutzwürdige Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Senioreneinrichtungen, Spielplätze o.ä. bezeichnet.

Die Stadt Köln überwacht bislang an 31 stationären Standorten die Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten mit 23 Messsystemen und betreibt überdies eine Geschwindigkeitsmessanlage auf der BAB 3 am Dreieck Heumar. 18 der stationären Messstellen befinden sich an Unfallhäufungsstellen bzw. –strecken, 14 vor schutzwürdigen Einrichtungen.

Die Stadt Köln überwacht zudem die Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten mobil mit sieben Radarwagen sowie einer flexibel einsetzbaren „Blitztonne“. Es bestehen derzeit über 700 anerkannte Messstellen, ca. 10 Prozent davon an Unfallhäufungsstellen, die anderen vor schutzwürdigen Bereichen.

Die Einrichtung neuer Messstellen wurde bislang vor allem dann geprüft, wenn entsprechende Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern, Bezirksvertretungen, der Polizei oder der Unfallkommission an den Ordnungs- und Verkehrsdienst herangetragen wurden. Handelte es sich jedoch nicht um eine Unfallhäufungsstelle oder befand sich keine schutzwürdige Einrichtung in der unmittelbaren Umgebung, konnten diese Anregungen nicht berücksichtigt werden. Der Erfahrung nach musste so der Großteil der Anträge abgelehnt werden.

Neue Rechtslage

Mit Wirkung vom 15. Juli 2013 sind die neuen Verwaltungsvorschriften zu §48 Abs. 2 OBG in Kraft getreten.

Das Ministerium für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen verfolgt mit der neuen Regelung das Ziel der Verbesserung der Verkehrssicherheit. Die Zahl der Verkehrsunfälle, insbesondere der mit Personenschaden, und die Schwere der Unfallfolgen sollen soweit wie möglich verringert werden. Die Erfahrungen der Polizei und der Kommunen zeigen dabei deutlich, dass Verkehrsunfälle mit schwersten Folgen nicht auf bestimmte Örtlichkeiten beschränkt sind, sie ereignen sich flächendeckend. Nach wie vor ist Geschwindigkeit - unabhängig vom Verschulden – Unfallursache Nr. 1 und entscheidend für die Schwere von Unfällen.

Kernstück der neuen Verwaltungsvorschriften ist die Konkretisierung des Begriffs „Gefahrenstelle“. Zusätzlich zu den bestehenden Gründen (Unfallhäufungsstelle, schutzwürdige Einrichtungen) sind Geschwindigkeitskontrollen künftig auch hier möglich:

1.      an oder in unmittelbarer Nähe von Orten und Strecken, die vermehrt von schwachen Verkehrsteilnehmenden wie Fußgängern und Fahrradfahrern sowie besonders schutzwürdigen Personen wie Kindern, Hilfsbedürftigen und älteren Menschen frequentiert werden,

2.      in unmittelbarer Nähe von sowie in Baustellen und ähnlichen straßenbaulichen Engpässen oder

3.      wenn überdurchschnittlich häufig Verstöße gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung festgestellt werden.

Ziffer 1 stellt nicht mehr wie bislang auf bestimmte Örtlichkeiten ab, sondern ermöglicht einen flexibleren Einsatz auch auf stark z.B. von Fußgängerinnen bzw. Fußgängern oder Radfahrerinnen bzw. Radfahrern frequentierten Strecken. Ziel ist der Schutz der Verkehrsteilnehmerinnen und –teilnehmer und nicht der Schutz von Örtlichkeiten.

Ziffer 2 ermöglicht Geschwindigkeitsüberwachungen, die z.B. im Rahmen von Sanierungsarbeiten an Brücken- oder Tunnelbauwerken angeordnet werden. Diese Notwendigkeit hat sich in den letzten Monaten NRW-weit deutlich gezeigt. Die konsequente Überwachung von Geschwindigkeitsbeschränkungen ist unerlässlich, um Sanierungsarbeiten zu realisieren, aber auch marode Bausubstanzen zu schützen.

Ziffer 3 eröffnet deutlich flexiblere Möglichkeiten der Überwachung. Das Ziel darf nicht mehr sein, abzuwarten, bis sich schwere Verkehrsunfälle ereignen, sondern frühzeitig überall dort zu kontrollieren, wo Gefahren bestehen und gerast wird.

Insbesondere in Bezug auf Ziffer 3 ist künftig eine verstärkte Einbindung von Bürgeranliegen möglich. Bürgerinnen und Bürger wissen oftmals am besten, welche Streckenabschnitte in ihrer Umgebung ein besonders hohes Geschwindigkeitsniveau aufweisen. Die Polizei hatte erstmals im Rahmen ihres zweiten Blitzmarathons die Bürgerinnen und Bürger offensiv aufgefordert, solche Streckenabschnitte, sog. „Wutpunkte“, zu melden. Davon wurde reger Gebrauch gemacht. Die entsprechenden Überprüfungen haben allerdings ergeben, dass nur ca. 10 Prozent der Beschwerden auf objektivierbaren Fakten beruhten.

Trotzdem ist der Appell an die Bürgerinnen und Bürger, sich mit der Nennung von „Wutpunkten“ zu beteiligen, eine deutliche Steigerung im Gegensatz zum bisherigen Vorgehen. Unter Beachtung der bisherigen Voraussetzungen mussten entsprechende Vorschläge meist abgelehnt werden, weil keine schutzwürdige Einrichtung und kein Unfallhäufungspunkt vorlagen.

Künftiges Vorgehen des Ordnungs- und Verkehrsdienstes

Die neuen Verwaltungsvorschriften zu §48 Abs. 2 OBG geben dem Ordnungs- und Verkehrsdienst neue und flexiblere Möglichkeiten, Geschwindigkeitsbeschränkungen im Sinne der Verkehrssicherheit zu überwachen. Herr Innenminister Ralf Jäger hat die neuen Möglichkeiten auf die kurze und aussagekräftige Formel zusammengefasst: „Die Kommunen dürfen jetzt nicht nur an den Schulen, sondern auch auf den Schulwegen die Geschwindigkeit überwachen.“
Der Ordnungs- und Verkehrsdienst hat die neuen Regelungen zum Anlass genommen, interne Strukturen zu überprüfen und sukzessive an die neue Situation anzupassen.

So wird es künftig aufgrund der neuen Rechtslage ein zielgerechteres Umgehen mit Anregungen aus Bürgerschaft, Politik, Presse und von der Polizei mit dem Ziel der Einrichtung neuer Messstellen geben können:

Eingehende Vorschläge sind zunächst dahingehend zu prüfen, ob der Standort bereits im Rahmen von mobilen Überwachungsmaßnahmen durch den Ordnungs- und Verkehrsdienst berücksichtigt wird.

Ist er noch nicht als Messstelle registriert, wird geprüft, ob vorliegende Faktoren die unmittelbare Einrichtung einer Messstelle rechtfertigen. Dazu gehören vor allem wie bisher schutzwürdige Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Seniorenheime, Spielplätze, etc. oder aber durch die Unfallkommission gemeldete qualifizierte Unfallhäufungsstellen.

Ist das nicht der Fall, wird die Prüfung dahingehend ausgeweitet, ob eine Gefahrenstelle aufgrund von überdurchschnittlich vielen Verstößen gegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit definiert werden kann. Der Ordnungs- und Verkehrsdienst wird diese Prüfung mittels objektiver Messungen mit einem Seitenradargerät vornehmen. Seitenradargeräte können sehr flexibel an Laternenmasten o.ä. angebracht werden und messen, für Autofahrerinnen und Autofahrer unauffällig, das Geschwindigkeitsniveau. Dabei können sie sowohl die Anzahl der insgesamt vorbeigefahrenen Fahrzeuge sowie die Anzahl der Übertretungen wiedergeben, ohne jedoch Daten für eine mögliche Ahndung von Verstößen zu liefern. Auch Autofahrerinnen und Autofahrer erhalten keine Rückmeldung zu der von ihnen gefahrenen Geschwindigkeit. Das Seitenradargerät wird für die Dauer einer Woche an dem in Frage kommenden Standort installiert und ermittelt so das vorherrschende Geschwindigkeitsniveau. Im Ergebnis wird eine Gesamtquote der Übertretungen (Fahrzeuge, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreiten) sowie zeitabschnittbezogene Quoten (7-15 Uhr, 15-23 Uhr, 23-7 Uhr) ermittelt. Kommunale Geschwindigkeitskontrollmaßnahmen sind dann zulässig, wenn überdurchschnittlich häufig Verstöße gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung festgestellt werden. In Übereinkunft mit der Polizei Köln wurde als Durchschnitt zunächst eine Übertretungsquote von 20 Prozent festgelegt. Liegt die Gesamtquote oder aber eine der Teilquoten an dem überprüften Standort über dem Durchschnittswert von 20 Prozent, rechtfertigt das Geschwindigkeitsniveau die Einrichtung einer Messstelle.

Alle Messstellen, die eingerichtet werden, müssen mit der Polizei abgestimmt werden.

Ausgeschlossen wäre die Einrichtung einer Messstelle trotzdem immer dann, wenn diese aus baulich-technischen Gründen nicht in Frage kommt (z.B. Kurvenbereiche).

Wird die Einrichtung einer Messstelle abgelehnt, kommt zumindest das Aufstellen einer Geschwindigkeitsanzeigetafel in Betracht. Hier wird den vorbeifahrenden Autofahrerinnen und Autofahrern die aktuell gemessen Geschwindigkeit angezeigt, ohne dass mögliche Verstöße geahndet werden. Indem das eigene Fehlverhalten vor Augen geführt wird, wird auch hier ein erzieherischer Effekt erzielt. Der Ordnungs- und Verkehrsdienst verfügt selbst über eine Anzeigetafel. Da jedoch mehrere Bürgerämter selbständig über entsprechende Tafeln verfügen, könnten ihnen entsprechende Standorte mit der Bitte um Unterstützung geliefert werden.

Der Ordnungs- und Verkehrsdienst wird künftig einen besonderen Schwerpunkt auf die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern legen. Da Kommunikation und Transparenz zwei der Hauptbestandteile des neuen Vorgehens sind, werden Melderinnen und Melder über den aktuellen Stand des Prüfverfahrens sowie über ein Endergebnis detailliert in Kenntnis gesetzt.

Zu beachten ist, dass mit einer erhöhten Aktivität von Bürgerinnen und Bürgern oder Bezirksvertretungen gerade in den Anfängen der Umsetzung der neuen Regelungen zu rechnen ist. Da diese zu Stoßzeiten die personellen Kapazitäten beim Ordnungs- und Verkehrsdienst übersteigen werden, muss mit nicht unerheblichen Wartezeiten gerechnet werden, vor allem, wenn Standorte mittels der Seitenradargeräte auf ihr Geschwindigkeitsniveau hin untersucht werden müssen. Darauf werden Bürgerinnen und Bürger jedoch bei entsprechendem Kontakt hingewiesen und um Verständnis gebeten.

Neue Anforderungen an die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Transparenz, Veröffentlichung und eine Ausweitung von Kontrollen bewirken positive Verhaltensänderungen. Das hat die Polizei NRW in ihrer Fachstrategie „Brems dich – rette Leben“ und besonders im Rahmen der bisherigen vier 24-Stunden-Blitzmarathons festgestellt. Somit spielt dieser Punkt auch eine erhebliche Rolle bei der Umsetzung der neuen Regelungen.

Messstellen sind künftig im Vorfeld mittels geeigneter Medien anzukündigen und zu veröffentlichen.

Bereits seit Dezember 2011 veröffentlichen Stadt Köln und Polizei Köln wöchentlich die Schwerpunkte ihrer mobilen Kontrollmaßnahmen auf ihrer Homepage und verweisen jeweils auf die Partnerseite. Die Angaben der Stadt Köln beschränken sich dabei auf stadtteilbezogene Schwerpunkte für die Dauer einer Woche (z.B.: In der Woche vom 12. bis 18. August 2013 überwachen wir die Geschwindigkeit mit mobilen Radargeräten schwerpunktmäßig in folgenden Stadtteilen: Neustadt/Süd, Lindenthal, Sülz, Niehl…usw.).

Künftig wird die Stadt Köln sich hier an die Darstellung der Polizei annähern und auf www.stadt-koeln.de tagesaktuell straßengenaue Standorte nennen:

z.B.   Montag, 22. Juli 2013

          Köln-Bickendorf, Venloer Straße

          Köln-Deutz, Siegburger Straße

          Köln-Chorweiler, Neusser Landstraße

          Köln-Meschenich, Brühler Straße

Darüber hinaus müssen Autofahrerinnen und Autofahrer jedoch nach wie vor stadtweit mit weiteren Überwachungsmaßnahmen rechnen. So kann es z.B. zu Abweichungen vom geplanten Einsatzplan kommen, wenn einzelne Standorte aus bestimmten Gründen nicht angefahren werden können (z.B. Stellplatz des Radarwagens ist zugeparkt) oder aus aktuellem Anlass Verschiebungen notwendig werden. Aus Gründen der Transparenz wird sich der Ordnungs- und Verkehrsdienst jedoch bemühen, überwiegend die Messstellen anzufahren, die vorab angekündigt wurden. Umgekehrt ergibt sich jedoch aus der Ankündigung einer Messstelle kein Anspruch auf tatsächliche Präsenz, da aus dem Einsatz heraus nicht immer jeder geplante Standort berücksichtigt werden kann.

Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet sollen die aktuellen Standorte für die Folgewoche freitags durch die städtische Pressestelle veröffentlicht werden, so dass interessierte Medien Gelegenheit haben, entsprechend zu berichten.

Ebenfalls wird eine aktuelle Auflistung vorhandener und theoretisch für mobile Messungen vorgesehener Standorte im Internet veröffentlicht und regelmäßig gepflegt. Hier können interessierte Bürgerinnen und Bürger sich informieren, ob und wo in ihrer Umgebung bereits Messstellen geprüft und eingerichtet wurden. Sofern sie darüber hinaus Bedarf für die Einrichtung weiterer Messstellen sehen, sollen sie diese künftig über ein Webformular melden können.

Transparenz schafft Akzeptanz – und die Ankündigung von Kontrollen erhöht die Wirksamkeit dieser Maßnahmen („Fairness der Kontrollen“ siehe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 146). Die Bürgerinnen und Bürger werden somit in die Verkehrssicherheitsarbeit aktiv einbezogen und helfen mit, schwere, durch überhöhte Geschwindigkeiten verursachte bzw. in ihren Folgen gravierender ausgefallene Verkehrsunfälle künftig zu vermeiden.

 

Die Bezirksvertretung Porz nimmt die Mitteilung der Verwaltung zur Kenntnis.