Nachtrag: 03.03.2020
Sitzung: 03.03.2020 IR/0046/2020
Zusatz: zugesetzt
Beschluss: geändert beschlossen
Vorlage: AN/0312/2020
Beschluss:
Die Mitglieder des Integrationsrates verständigen sich nach Diskussionen auf folgenden Resolutionstext:
„Der Integrationsrat beschließt:
- Nachfolgende Erklärung:
Strategisches Ziel der
rechtsextremistischen Gruppen und ihrer Anschläge auf Migrant*innen ist deren
Vertreibung aus Deutschland. Dies ist der Grund, warum sie Anschläge verüben
und versuchen, möglichst viele Menschen zu töten.
Dies sind Angriffe auf das friedliche Zusammenleben aller Menschen.
Als Reaktion auf diese Anschläge fehlt nach wie vor eine durchgängige klare Positionierung von Politik, Medien und Gesellschaft in deutlichen unmissverständlichen Worten, verbunden mit praktischem Handeln. Es fehlt die klare Aussage, dass alle hier lebenden und vor allem die hier geborenen und aufgewachsenen Menschen fester Bestandteil unserer Gesellschaft sind und ohne Wenn und Aber zu diesem Land gehören, und es fehlt die Umsetzung konkreter Maßnahmen, die diese Worte glaubhaft machen.
Dies verunsichert weiterhin viele Migrant*innen, macht sie zunehmend sprachlos, traurig, ratlos und wütend.
Die zentrale Antwort auf die rechtsextremistischen Morde muss sein, den hier lebenden Migrant*innen unmissverständlich das Grundgefühl zu vermitteln, dass dies auch ihr Land und ihre Heimat ist. Die tiefe Verunsicherung, wie dieses Land zur Migration und ihren Migrant*innen steht, hat eine lange Geschichte. Sie begann in Solingen, Mölln und Hoyerswerda und zieht sich über die NSU Anschläge (auch in Köln), die Ermordung des Regierungspräsidenten Lübke bis zu den jüngsten Anschlägen und Morden in Halle und jetzt in Hanau durch.
Die schreckliche Geschichte rechtsradikaler Morde wiederholt sich, aber es ändert sich faktisch im Umgang mit dem Rassismus zu wenig. Deutschland steht vor dem Ergebnis einer zur Frage von Migration und Umgang mit Migrant*innen zu lange unentschiedenen Gesellschaft. Wir können es uns aber nicht leisten, diese Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu verlieren.
Es ist jetzt zwar positiv, dass sich nach dem Anschlag in Hanau viele Menschen aus Politik und Gesellschaft sofort eindeutig gegen den Rassismus positioniert haben und auch die Flaggen auf halbmast gesetzt wurden. Der Integrationsrat der Stadt Köln begrüßt auch die klare Positionierung und Erklärungen des gestrigen Integrationsgipfels in Berlin mit der Implementierung des Nationalen Aktionsplans Integration. Ziele des Aktionsplans sind die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die systematische Gestaltung der Integration. Dazu gehört auch der entschiedene Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung von Menschen mit Einwanderungsgeschichte.
Allerdings herrscht aufgrund der langjährigen negativen Erfahrungen weiter großes Misstrauen, denn zu oft wurden in der Vergangenheit große Reden gehalten, ohne dass diesen Reden Worte und konkrete Taten folgten. Zu groß bleibt das Misstrauen, wenn jetzt von vormaligen erklärten Gegnern der Zuwanderung große Trauerworte der Betroffenheit und Solidarität formuliert werden.
Wie können wir verlorenes Vertrauen wieder gewinnen - wie schaffen wir es, dass Migrant*innen in unserm Land glauben, dass wir es ernst mit unseren Worten meinen und sie in diesem Land erwünscht sind.
Erwartet werden konkrete Taten!
Deshalb müssen Städte und Gemeinden den Bund nun beim Wort nehmen und auf die schnelle Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Integration drängen.
- Dass er sich in einem Workshop vertieft
mit Themen beschäftigt, die das Ziel haben, konkrete Maßnahmen zum Abbau
von Rassismus und die Stärkung der solidarischen Stadtgesellschaft weiter
zu entwickeln. Die in der Anlage beigefügten Maßnahmen sind Bestandteil
des Workshops.“
Anlage:
Es
geht nicht um Fremdenfeindlichkeit, sondern um gruppenbezogene
Menschenfeindlichkeit |
Es handelt sich nicht
um ausländer- oder fremdenfeindliche, sondern um menschenfeindliche
Anschläge. |
Es muss öffentlich
deutlich gemacht werden, dass es bei den Anschlägen nicht um Ausländer-oder
Fremdenfeindlichkeit geht, sondern um Menschenfeindlichkeit. Es muss eine
eindeutige Aussage gemacht und regelmäßig wiederholt werden, dass
Migrant*innen selbstverständlicher Bestandteil der Kölner Stadtgesellschaft
sind und damit dazugehören. |
Interkulturelle
Öffnung der Verwaltung umsetzen |
Es ist ein sowohl für
die 62% deutsch-deutschen als auch die 38% migrantischen Kölner*innen ein
wichtiges Signal, wenn in der Kölner Verwaltung die Vielfalt der Stadt in
angemessener Weise widergespiegelt wird. |
Dies muss |
NSU
- Mahnmal in Köln- Mülheim realisieren |
Der Umgang mit dem NSU
bzw. dem Gedenken an die Opfer des Rechtsextremismus ist für die migrantische
Community zentral dafür, wie ernst es die deutsch-deutsche Gesellschaft es
mit der Bekämpfung des Rassismus tatsächlich meint. |
Bei der Realisierung
des Mahnmals ist zuerst der Investor der Fläche an der Keupstraße / Ecke
Schanzenstraße gefragt bzw. alle in der Stadtgesellschaft, die eine
Möglichkeit sehen, auf ihn Einfluss zu nehmen. |
Interkulturelle
Sensibilisierung der Kölner Medienlandschaft |
Es ist ein sowohl für
die 62% deutsch-deutschen als auch die 38% migrantischen Kölner*innen ein
wichtiges Signal, wenn in den Kölner Medien die Vielfalt der Stadt in
angemessener Weise widergespiegelt wird. |
Die Kölner Medien
können einen wichtigen Beitrag zur interkulturellen Sensibilisierung in
unserer Stadt leisten. |
20
+ 1 Bäume an Schulen pflanzen |
Hintergrund dieser
Initiative des Landesintegrationsrates ist, dass in der Vergangenheit
verschiedentlich Bäume, die zum Gedenken an die Opfer des NSU in einigen
Städten gepflanzt worden waren, zerstört wurden. |
Der Integrationsrat
möchte zum 25. Jahrestag der Gründung des Verbundes der ‚Schulen mit
Courage‘, diese Schulen bitten, in Kooperation mit dem Grünflächenamt 20 + 1
Bäume auf Kölner Schulhöfen zu pflanzen und zu pflegen. |
Potentiale
sichtbar machen |
Migration wird in der
Gesellschaft oftmals immer noch als defizitär wahrgenommen und diskutiert. Wichtig ist, die
Potentiale von Migration und den Kölner*innen mit Migrationshintergrund in
den öffentlichen Fokus zu rücken. Hierdurch können eine
dringend notwendige Wertschätzung der Kölner*innen mit Migrationshintergrund
erfolgen und die Potentiale der mitgebrachten Sprachen und kulturellen
Kompetenzen für die Stadtgesellschaft genutzt werden. |
Die Migranten Milieu
Studie (früher: Sinus Studie) des Bundesverbandes Wohnen und Stadtentwicklung
(vhw), belegt auf wissenschaftlicher Grundlage die Heterogenität der
migrantischen Community, die sich kaum von der Heterogenität der
Mehrheitsgesellschaft unterscheidet. Erkenntnisse wie z.B., dass ein sehr
hohes Maß an gegenseitiger Übereinstimmung der Werte besteht, die Zahl der
Potentialträger größer geworden ist und ein hohes Interesse an Bildung und
Aufstieg besteht, muss durch eine entsprechende Kampagne deutlich gemacht
werden. Kinder aus
migrantischen Familien müssen gestärkt werden. Sie bringen in den
allermeisten Fällen beim Eintritt in die Kita bzw. in die Schule neben
Kenntnissen der deutschen Sprache bereits eine zusätzliche ‚Fremdsprache‘ -
ihre Familiensprache mit. |
Antirassistische
Arbeit stärken |
Seit vielen
Generationen (ca. 300 Jahren mit Beginn des Kolonialismus) werden
insbesondere ‚weiße Menschen‘ rassistisch sozialisiert. Gleichzeitig ist ein
Diskurs über den Rassismus in Deutschland aufgrund der Tabuisierung des
Themas nach dem Ende des Faschismus äußerst schwer. Kulturell und
‚rassistisch‘ bestimmte Vorurteile sind aber nicht vorgegeben, sondern
erlernt – d.h. sie können auch verlernt werden. |
Die Förderung von
rassismuskritischer Arbeit in Köln muss finanziell aufgestockt werden. |
Gleichbehandlung aller Kölner Bürger*innen und
Institutionen sicherstellen |
Der
Gleichheitsgrundsatz aller Menschen gemäß Artikel 3 des Grundgesetzes ist von
größter Wichtigkeit für unser soziales Zusammenleben. Ungleichbehandlung
führt zu sozialen Spannungen und Konflikten. |
Die Verwaltung muss –
und dies ist Bestandteil der interkulturellen Öffnung – alle seine
Bürger*innen und Institutionen konsequent gleich behandeln. |
Stärkung
der politischen Partizipation - Stärkung des Integrationsrates Köln |
Aufgrund der fehlenden
Repräsentanz von Kölner Politiker*innen mit Migrationshintergrund im Rat
(vermutlich ca. 9 %) und den Bezirksvertretungen (vermutlich ca. 6,6 %) ist
das politisch gewählte Gremium Integrationsrat der einzige Ort, an dem die
Belange der Kölner Migrant*innen auf Augenhöhe mit den Ratsmitgliedern
politisch diskutiert und berücksichtigt werden können. |
Der Integrationsrat
muss |
Abstimmungsergebnis:
Einstimmig zugestimmt mit einer Gegenstimme und vier Enthaltungen.