Mitteilung:
Am 18.05.2010 haben die Fraktionssprecherinnen und -sprecher
der Ausschüsse für Stadtentwicklung, Wirtschaft und Liegenschaften mit
Vertretern der Verwaltung das Gutachten „Gewerbeflächen in Köln: Nutzungsstruktur,
Bedarf und Planung“ gemeinsam mit dem von der Verwaltung
beauftragten Fachgutachter, Herrn Dr. Bonny, Planungsbüro Planquadrat Dortmund,
erörtert. Es wurde vereinbart, auf der Grundlage dieser Erörterung, die
vorliegende Mitteilung der Verwaltung (Vorlage-Nr.: 3344/2009) zu diesem
Gutachten zu aktualisieren und zu ergänzen sowie den betroffenen
Fachausschüssen erneut vorzulegen.
Der abgestimmte Abschlussbericht dieser
umfassenden Untersuchung liegt den Fraktionen vor. Eine Kurzfassung mit den
wichtigsten Ergebnissen ist der Mitteilung als Anlage beigefügt.
Gegenstand des Auftrages war eine
Betrachtung der Gewerbe- und Industrieflächensituation der Stadt Köln in
quantitativer und qualitativer Hinsicht sowie die Bestimmung der Nachfrage nach
diesen wichtigen Flächensegmenten bis zum Jahr 2020. Hierzu wurden u. a.
durchgeführt:
-
eine
umfassende Bestandsaufnahme und Bewertung aller Gewerbe- und Industrieflächen
insbesondere für das verarbeitende Gewerbe, das Baugewerbe, den Großhandel
sowie für das Speditions- und Lagergewerbe,
-
eine
Regionalanalyse bzgl. der Branchen- und Beschäftigungsentwicklung sowie
-
eine
Prognose des Gewerbeflächenbedarfs einschließlich einer repräsentativen
Befragung Kölner Unternehmen.
Wichtige Ergebnisse der Untersuchung sind u.
a.:
·
Der
möglichen Flächennachfrage bis zum Jahr 2020 von mindestens rd. 250 ha steht
ein maximales Angebot von etwas mehr als 600 ha gemäß Bestandsaufnahme und
Darstellungen im FNP grundsätzlich gegenüber.
·
Auf
etwa 230 ha dieser Flächenpotenziale hat die Verwaltung nach eigener
Einschätzung derzeit Zugriff bzw. entscheidenden Einfluss.
·
Weiterhin
stehen ungenutzte Flächen privater Eigentümer im Umfang von rd. 290 ha zur
Verfügung. Davon sind über 130 ha in Privatbesitz, die eine gewerbliche Nutzung
im Sinne der §§ 8 und 9 BauNVO grundsätzlich zulassen und nicht für
„betriebliche Zwecke“ vorgehalten werden.
·
Ein
Angebotsdefizit besteht allerdings bei den Industrieflächen (GI). Besonders
hierauf sollte sich die Mobilisierung privater Reserveflächen beziehen.
Die Situation der Stadt Köln ist
vergleichbar mit München, Hamburg, Düsseldorf oder Hannover. Es sind jeweils Städte
mit einer sehr dynamischen (unternehmensbezogen) Dienstleistungsentwicklung.
Das Wachstum der Dienstleistungen (Beschäftigte + Familienzuzug) schränkt die
Produktionsflächen zugunsten von Büro- und Wohnbauflächen tendenziell ein. Das
verarbeitende Gewerbe mit originären Produktionsflächen wird in den nächsten
Jahrzehnten langsam weiter zurückgehen. Die Industrie und das verarbeitende
Gewerbe stellen aber weiterhin eine wichtige Basisfunktion für den
Wirtschaftsstandort Köln und die Region dar.
Aus diesen Ergebnissen leitet der Gutachter folgende Strategieempfehlungen für
die städtische Gewerbeflächen- und Standortpolitik ab:
·
Es ist ein Flächen-Portfolio zu bilden, das die
dort vorgehaltenen Flächen nach Menge, Größe, Ort, Qualität und Zeitpunkt
differenziert. Dabei ist in Abwägung mit anderen Nutzungsansprüchen verstärkt auf
das Ziel hinzuarbeiten, freiwerdende Gewerbe- und Industrieflächen von
Fremdnutzungen freizuhalten.
·
Es sind Entscheidungen über Produktions- und
Gewerbestandorte herbeizuführen, die auf jeden Fall der Produktion vorbehalten
bleiben sollen. Die Kriterien hierfür sind u.a. gute regionale Erschließung,
großer Abstand zu empfindlichen Nutzungen sowie gute Erreichbarkeit für die
Arbeitskräfte (ÖPNV-Netz).
·
Es ist zu prüfen, ob die Bodenpreisdifferenz zu
anderen Nutzungsarten verringert werden kann, um Flächenkonkurrenzen
abzumildern.
·
Die Chancen
durch Ausbau der Kooperationen mit privaten Industrie- und
Gewerbeparkbetreibern sowie der interkommunalen Zusammenarbeit für eine
nachhaltige Flächenbereitstellung für die Wirtschaft sollen konsequent genutzt
werden.
In einem Exkurs auf Seite 11 der Kurzfassung thematisiert der Gutachter in
allgemeiner Form den kommunalen Wettbewerb um Ansiedlungen mit Hilfe von
subventionierten Grundstückspreisen. Die Verwaltung weist ausdrücklich darauf
hin, dass diese Aussage für Köln nicht zutrifft, da die städtischen
Gewerbeflächen zu Marktpreisen veräußert werden.
Allgemein
gilt, dass angesichts der zunehmend knapper werdenden Ressourcen für
Siedlungsflächen im Kölner Stadtgebiet auch für Wohnen und Freiraumsicherung
Strategien erforderlich sind, die eine nachhaltige Flächennutzung und
-entwicklung auch in Bezug auf Gewerbe- und Industrienutzungen sicherstellen.
Eine Flächenexpansion stößt in Köln zunehmend an ihre Grenzen.
In diesem Zusammenhang sieht der Gutachter u. a. Chancen, künftig
planungsrechtlich ausgewiesene Gewerbeflächen in privatem Eigentum verstärkt zu
mobilisieren. Hier fehlen allerdings Erfahrungswerte, so dass die Verwaltung
konkrete Verfahrensvorschläge entwickeln und umsetzen muss, um abschätzen zu
können, ob eine Aktivierung privater Flächen überhaupt eine Chance hat.
Außerdem bieten sich in der Reaktivierung von Altgewerbebrachen Möglichkeiten,
das Angebot für Gewerbe- und Industrieflächen zu verbessern. Die
Wirtschaftsförderung benötigt allerdings hierfür einen zügigeren
Verfahrensablauf, um die damit verbundenen Problemstellungen, wie z. B.
Altlastenbeseitigung, zeitnah zu lösen.
Sowohl die Aktivierung privater Gewerbeflächen als auch die Reaktivierung von
Altgewerbeflächen kann aus folgenden Gründen schnell an ihre Grenzen stoßen:
o
überhöhte
Preisvorstellungen der privaten Eigentümer,
o
die
Verwertung von gewerblich nutzbaren Vorratsflächen durch die Unternehmen selbst
für höherwertigere Nutzungen, wie z. B. Einzelhandel oder Wohnungsbau, wenn das
jeweilige Planungsrecht dies ermöglicht,
o
die
Nutzung als Abstandsflächen zu benachbarten Unternehmen und Wohngebieten oder
o
die
Weigerung von privaten Eigentümern zum Verkauf dieser Flächen z. B. aus
steuerrechtlichen Gründen.
Deshalb schlägt die Verwaltung vor, das vom Rat am 24.06.2004 beschlossene
strategische Flächenmanagement zügig einzuführen. Die Verwaltung hat hierzu
inzwischen das Institut für Bodenmanagement aus Dortmund auf der Grundlage der
Ratsbeschlüsse mit der Erstellung eines Handlungskonzeptes beauftragt (Vergl.
hierzu auch Mitteilung 2000/2010).
In diesem Zusammenhang steht auch die vom
Gutachter vorgeschlagene Einrichtung eines Gewerbeflächenmonitorings. Alle vom
Gutachter erfassten Gewerbe- und Industrieflächen sind in das städtische
Raumbezugs -System (RBS) übernommen worden. Damit bestehen in der Verwaltung
die informationstechnischen Voraussetzungen für eine systematische Beobachtung
von Gewerbeflächenangebot und -nachfrage sowie für eine Fortschreibung der
vorliegenden umfassenden Bestandsaufnahme. Mit einem Monitoringsystem können
sowohl Planung als auch Vermarktung und Bereitstellung von Gewerbe- und
Industrieflächen wirksamer unterstützt werden.
Die Ergebnisse des Gutachtens werden in die
weitere Bearbeitung des Stadtentwicklungskonzeptes zur Sicherung von Flächen
für die Kölner Wirtschaft („Stadtentwicklungskonzept Wirtschaft“) einfließen.
Ein wichtiger Bestandteil dieses Konzeptes wird insbesondere auch das
„Gewerbeflächenbereitstellungsprogramm“ sein, das zeigt, wie in der konkreten
Flächenbereitstellung über die Schaffung von Planungsrecht, die Bodenordnung
und Erschließungsmaßnahmen die angestrebte Gewerbeflächenentwicklung umgesetzt
werden kann. Derzeit stehen ca. 45 ha Gewerbeflächen vermarktungsreif zur
Verfügung. Davon sind 1,5 ha für eine GI-Nutzung vorgesehen.
Das Konzept wird sich auf der Grundlage des
Gutachtens und der Erörterung mit den Fraktionssprecherinnen und –sprechern an
den dargestellten Strategieempfehlungen sowie an den folgenden Zielsetzungen
für eine differenzierte Standort- und Flächenpolitik orientieren:
·
vorrangige
Sicherung von aktiven Industrie- und Gewerbeflächen für den Industrie- und
Wirtschaftsstandort Köln auch im Verbund (z. B. Industrie- bzw.
Technologiepark) mit hochwertigen unternehmensbezogenen Dienstleistungen
(Forschung und Entwicklung, Engineering, Facilitymanagement, Design, Logistik,
IT u. ä.)
·
Flächensicherung
für Neuansiedlungen und Verlagerungen von produzierenden Unternehmen im Rahmen
der jeweiligen Flächenverfügbarkeit, differenziert nach Größe und Lage im
Stadtgebiet
·
Verstärkung
von kleinteiligeren Flächenangeboten für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU-Flächen)
mit Zulieferer- und Versorgungsfunktionen (u. a. Handwerk, kleinere
Produktionsbetriebe, Betriebe der lokalen Ökonomie)
·
Flächenangebote
für neue Industriebetriebe im Bereich von wissensbasierten Zukunftstechnologien
mir engem Bezug zur regionalen Forschungs- und Wissenschaftslandschaft ( z. B.
Biotechnologie, Neue Werkstoffe, Zukunftsenergien wie Solar- und
Wasserstofftechnik, Automotive) auch im Zusammenhang mit Hochschulausgründungen
Aufgrund
der zunehmend knapper werdenden Flächenpotenziale im Stadtgebiet sollte eine
Neuausrichtung der städtischen Flächenpolitik verstärkt die Bedeutung von
betrieblichen Einzelfunktionen (wie z. B. Forschung und Entwicklung u. ä.) für
den Wirtschaftsstandort Köln würdigen.
Die Empfehlungen des Gutachtens sind in den
„Businessplan Industrie“ übernommen worden, der vom „Branchenforum Industrie“
am 17.05.2010 verabschiedet wurde und den betroffenen Fachausschüssen zur
Beratung zugeleitet wird.
Anmerkung:
Aus technischen Gründen wird auf die Beifügung der Anlage in der Niederschrift
verzichtet.
Abstimmungsergebnis:
Kenntnis genommen